Ungewohnt? Unverhofft. …Konsequent - Faszinierend!

Jubiläumskonzert 10 Jahre elole-Klaviertrio

Es begann plötzlich, unverhofft und doch von Anfang an mit einer Konsequenz, die uns heute, nach 10 Jahren, erstaunen macht und gleichzeitig respektvoll und freudig gratulieren läßt: Mit den "7 kleinen Sätzen" von Friedemann Schmidt-Mechau und "Sugar 1" von Michael Maierhof begann 2001 erste Dekade des elole-Klaviertrios, die nun zum Jubiläumskonzert eine natürliche rhythmische Zäsur erfährt. Neben der tönenden Würdigung dieses Jubiläums werden die drei Musiker diese Zäsur aber sicher als gebührenden Auftakt zu einer weiteren musikgeladenen "Zeit zu dritt" verstehen. Denn zu wichtig und zu gewichtig sind die Beiträge, die elole der Kunst- und Kulturlandschaft Dresden unregelmäßig regelmäßig schenkt. Treu ist nicht nur die Gemeinde der Komponisten, die mit elole gerne zusammenarbeiten, sondern auch die der Zuhörer, die den neuen Trio-Klängen in Dresden sowie im In- und Ausland folgen. Zwischen Hellerau, der Blauen Fabrik oder dem Leonhardi-Museum erfindet sich elole beständig neu - zur Unhörbarkeit verdammt sind endlich die Unkenrufe aus dem Musikgeschichtsbuch, die die Gattung Klaviertrio schon mit Beginn des 20. Jahrhunderts für verstorben erklärten. Trio-Kompositionen von John Cage, Bernd Alois Zimmermann und Morton Feldman erhielten durch elole ihre Wertschätzung ebenso wie zahlreiche Auftragswerke von Komponisten vor allem der jüngeren Generation; der 2006 in Hellerau durchgeführte Kompositionswettbewerb "Klang-Stadt-Stille" begann gar mit 119 Einsendungen neuer Klaviertrios aus aller Welt - neun davon wurden an einem einzigen Tag (!) uraufgeführt. In den zehn Jahren gestaltete elole rund 40 Uraufführungen, etliche davon wurden mehrfach gespielt. Die Stücke wachsen mit ihren Interpreten und den Aufführungen - mit einer solchen eindrucksvollen Bilanz und eloles nimmermüder, mutiger Form von Kreativität ist das Genre Klaviertrio im 21. Jahrhundert längst angekommen.

10 Jahre, das bedeutet in unserer schnellen Zeit etwa 3,5 Chefposten für einen Dirigenten, 7 verschiedene Mitglieder in einem Top-Streichquartett oder 8 Produktionen beim "major label" - elole aber wagte erst knapp vor dem Jubiläum die Produktion einer ersten CD namens "Struktur und Oberfläche", die mit Werken von Jürg Frey, Stefan Streich und Nikolaus Brass hoffentlich nicht sofort eine weitere folgen lässt, denn auch dieses Hören braucht seine Zeit. Und wer nach einem elole-Konzert den Klängen nachspüren möchte, dem stehen nicht nur die Interpreten immer für einen Austausch zur Verfügung, auch die elole-Homepage bietet Texte und Ideen für die Beschäftigung mit dem, was dann nur noch Puristen als "ungewohnt" vorkommen mag. Innovation hieß ohnehin für das Trio niemals, den Trends zu huldigen und Auftrag um Auftrag hinterherzuspielen. Lieber ziehen sich Uta-Maria Lempert, Matthias Lorenz und Stefan Eder für Wochen, manchmal auch Monate zurück, begleiten einen Komponisten behutsam bei dessen Entstehungsprozess und beweisen ihr eigenes kreatives Potenzial in den stets kommunikativen, intensiven Probenphasen, bei denen so manches Stück noch einmal vor der Uraufführung eine ganz eigene Bereicherung erfährt. So entsteht Nachhaltiges, und es passt in das Credo des Ensembles, dass die Werke nicht nur (manchmal gar in einem Konzert) mehrfach aufgeführt werden, sondern das Jubiläumskonzert bei den "Tonlagen" in Hellerau an die Anfänge zurückweist. Da die "Debutkompositionen" zwei neuen Werken derselben Komponisten gegenübergestellt werden, lassen sich direkt interessante Verbindungen oder Kontraste herstellen.

Charlotte Seither, deren Klaviertrio "Champlève" zum Repertoire von elole gehört, bemerkt zu ihrem nunmehr zweiten Klaviertrio für elole "Equal ways of difference": " Das Stück beschäftigt sich mit fraktalen Klängen, der Aufspaltung des Materials in Partikel, die im Verlauf des Stückes in einen zunehmend monochromen Verlauf eingeschmolzen werden. Der Titel des Stückes entstand im Rekurs auf die drei Spieler des elole Klaviertrios: Es sind dies drei Musiker, die einen hoch kultivierten Gemeinsamkeitsmodus der Verschiedenheit entwickelt haben, die der Gattung Klaviertrio somit also auf ihre Weise besonders nahe kommen."

Michael Maierhof schreibt über sein neues Werk "Exit E": "In der EXIT Reihe seit 2009 untersuche ich spezielle Klangerweiterungen, indem schwingende Systeme an die traditionellen Instrumente angebracht und so die instrumentalen Möglichkeiten erheblich erweitert werden. Das scheint eine Materialstruktur zu erzeugen, die es mir ermöglicht, mit klassischen "Tonhöhen"- Instrumenten eine nicht mehr über Tonhöhen organisierte Musik zu entwickeln."

Maierhofs "Sugar 1" erklang im ersten elole-Konzert 2001, bereits in diesem Werk setzte sich Maierhof intensiv mit Klangerweiterungen der Instrumente auseinander, neben der Ausbalancierung von Klang- und Pausenräumen sind es vor allem "neue Bewegungen, Pulsierungen und Frequenzen" der Streicher und auch eine klangliche Erweiterung des Klavierklangs: neue Klangräume und Spielweisen werden erschlossen, eine eigene Musiksprache entsteht, die Töne zu Geräuschen oder Frequenzbändern erweitert.

Friedemann Schmidt-Mechau komponierte für das elole-Jubiläumskonzert sein neues Werk "Nähe und Krümmung", ein "Rondo für das elole-Klaviertrio zum zehnjährigen Bestehen". Neben der möglicherweise festlichen Attitüde des klassischen (Final-)Rondos begegnet dem Hörer hier aber vor allem ein kreativer Umgang mit Reprisen, Refrains und Couplets, also eine aus einer sehr kleinen Keimzelle abgeleitete Großform, die aber auch eine räumliche Entsprechung erfährt und damit dreidimensional wirkt. In den Strophen-Teilen arbeitet Schmidt-Mechau mit Referenzen an bestimmte musikalische Denkweisen, formuliert "Grüße" an die beiden anderen Komponisten des Abends und verweist auf "historische Musikbeispiele".

Die Entstehung der "7 Kleinen Sätze" beschreibt Schmidt-Mechau mit folgenden Worten: "Eine Reihe von Ereignissen dieser Komposition wurzeln in gemeinsamen Erlebnissen, kleinen Randbemerkungen und Gesprächen über Musik mit dem Ensemble. Da gab es z. B. ein Gespräch mit Matthias Lorenz über Joseph Haydn und seine Methode, mit Hörererwartungen umzugehen, sie zu wecken und sie dann ganz anders als erwartet einzulösen, und mit der Frage, ob diese Denkweise auch heute möglich sei." Schmidt-Mechau spielt mit diesen Erwartungen in konstruktiver Weise, zum einen mit einem recht klar und ökonomisch verwendeten musikalischen Material, dem aber einzelne Aktionen zwischen den Sätzen zur Seite gestellt werden.

Alexander Keuk

Grußworte der Komponisten:

Friedemann Schmidt-Mechau: "Für das elole-Klaviertrio zu komponieren ist immer wieder ein großes Vergnügen. Nicht nur ist sicher, dass mit der Komposition ernsthaft und kenntnisreich umgegangen wird, jede notierte Kleinigkeit genau beachtet wird, jede klangliche Besonderheit ausgiebig probiert und im Sinne der Komposition ausgeführt wird und dass das Stück am Ende eine kompetente und adäquate Aufführung erfahren wird. Die drei Musiker bereichern den Komponisten ein jedes Mal wieder mit einer ganz eigenen Sicht, mit einem tiefgehenden Verständnis, und dazu dem Erlebnis eines überaus vergnüglichen, freudvollen Arbeitsprozesses. Vor allem ist dies einem erstaunlichen Mangel an Scheuklappen geschuldet (die sonst in Musikerkreisen schon mal gern gepflegt werden)."

Michael Maierhof: "Ich schätze das elole Klaviertrio besonders, weil es nicht nur gewissenhaft und unermüdlich probt, sondern auch, weil die Musiker für Alles offen sind, jede Klangwelt (auch die harten, harschen, teilweise unangenehmen, anstrengenden, an Grenzen gehenden) aufzumachen bereit sind: GRATULATION!